Während die Schülerzeitung, die „Else“, ihr zweijähriges Bestehen feierte, nahmen unsere Chefredakteure Leonard Günther und Sofia Wingarz die Gelegenheit wahr, um als Mitglieder der Live-Redaktion des SV-Bildungswerks das 10-jährige Bestehen des bundesweiten Ganztagsschulkongresses aus Schülersicht redaktionell zu begleiten. Dabei scheuten sie nicht vor Kritik zurück und Verbesserungsvorschlägen und machten auch Verbesserungsvorschläge – beides Kardinaltugenden guter Journalisten.
Zickgraf: Welche Eindrücke vom Kongress sind besonders bei Euch haften geblieben? Was war Besonders?
Leonard: Im Wesentlichen bleiben die Erinnerungen an den großen Anteil der jungen SPD-Mitglieder und natürlich der Flashmob, den wir als auf Antwort auf die mangelnde Anteilnahme von Schülern auf dem Ganztagsschulkongress veranstaltet haben.
Sofia: Der Kongress war meiner Meinung nach ein wenig langweilig für uns Schüler. Die Erwachsenen haben sich einfach nicht genug auf Schüler eingestimmt und so waren wir meistens froh, wenn wir unsere Ruhe hatten. Eigentlich haben wir nur ein wenig über den Kongress berichtet und das Büffet geplündert. Alles war kostenlos für uns, warum also nicht ausnutzen?!
Zickgraf: Ihr seid bereits zwei Tage vor dem Kongress angereist: Wie lief die Vorbereitung ab? Was habt Ihr gelernt? War war toll?
Sofia: Den ersten Tag verbrachten Leo und ich eigentlich nur im Zug, etwas über vier Stunden dauerte die Reise nach Berlin. Wir checkten ein und machten uns auf die Suche nach unseren Zimmern, meine Zimmergenossinnen waren jedoch noch nicht anwesend. Erst später lernte ich drei von ihnen kennen, eine kam gar nicht. Dafür verlief der zweite Tag viel interessanter und lustiger. Wir machten viel mit unseren neu gewonnen Freunden, schrieben ein paar Artikel über den Tag und versuchten so viel von dem Programm des SV-Bildungswerks mitzumachen, wie es eben ging. Als Kongress LiveRedaktion hatten wir leider nicht immer Zeit an den Workshops oder an den „Wir ziehen Bilanz“-Runden teilzunehmen.
Leonard: Die Betreuung und Organisation der Vorbereitungstage war einwandfrei. Wir haben sehr viel von dem SV-Bildungswerk gelernt.
Zickgraf: Welche Rolle haben die Schüler auf dem Kongress gespielt und wie wurden sie einbezogen? Wurden sie angemessen einbezogen?
Sofia: Auf dem Kongress haben die Schüler keine wirklich Rolle gespielt, wir waren eher „Deko“, also Ansprechpartner für gewisse Verbesserungen seitens der Schule. So kam es oft dazu, dass in einem Workshop hier und da ein Schüler saß, aber die Schulleiter gefragt wurden, wie die Schüler die Schule und den Unterricht finden. Schließlich reichte es uns! Wir planten einen „Flashmob“, um auf uns aufmerksam zu machen. Früh morgens machten wir uns auf den Weg zum Berliner Congress Centrum (bcc) und arbeiteten im Schülerraum an verschiedenen Plakaten.
Auf denen standen dann Wörter, wie „SchülerInnen=Deko?“, „SchülerInnen=Objekte?“ oder „SchülerInnen=Ware?“. Diese Plakate gaben wir unter uns Schülern weiter und schmuggelten sie in den Kuppelsaal, in dem sich viele Erwachsene sowie Schüler versammelten, um dem Abschlussprogramm zu lauschen. Es startete ganz normal, die Moderatorin fing an, die Teilnehmer zu begrüßen und stellte einige Kooperationspartner von Schulen vor… Bis ein Pfiff ertönte. Zur selben Zeit erhoben sich die Schüler, die LiveRedaktion inklusive, und wir legten uns auf den Boden. Die Gesichter der anderen Personen im Kuppelsaal waren Gold wert. Kurze Zeit darauf standen die ersten Schüler wieder auf und hielten Plakate in die Höhe.
Eigentlich eine ganz witzige Aktion, denn alle wurden auf uns aufmerksam und die Betreuer des SV-Bildungswerks, die für uns verantwortlich waren, sprachen uns auf unsere Aktion an. Allerdings konnten die Betreuer keine Fragen beantworten, denn wir hielten die Aktion vor ihnen sowie vor den Sicherheitsleuten geheim.
Leonard: Die Schüler wurden auf dem Kongress zu wenig einbezogen – so waren auf den Workshops kaum Schüler anwesend und das Programm, dass eigentlich uns Schüler am meisten betraf, war sprachlich und inhaltlich zu sehr an Erwachsene gerichtet – das war dann der Grund für unseren Flashmob!
Zickgraf: Was war aus Eurer Sicht der inhaltliche Schwerpunkt des Kongresses? Warum sind Ganztagsschulen in Deutschland nach 10 Jahren so wichtig geworden?
Leonard: Der Schwerpunkt war auf die 10-jährige Bilanz des Aufbaus von Ganztagsschulen in Deutschland ausgerichtet. Die Notwendigkeit, Ganztagsschulen aufzubauen, kommt daher, dass in der heutigen Zeit in den meisten Fällen beide Elternteile arbeiten. Außerdem brauchen vor allem Grundschüler eine gute Betreuung.
Sofia: Der inhaltliche Schwerpunkt des Kongresses war es, eine Bilanz des bundesweiten Ausbaus von Ganztagsschulen zu ziehen. Es gab daher verschiedene Workshops die alle etwas mit den Ganztagsschulen zu tun hatten. So gab es zum Beispiel einen Workshop zum Thema “Inklusion” oder “Soziales Lernen”.
Warum Ganztagsschulen in Deutschland so wichtig sind, weiß ich nicht wirklich. Aber ich vermute, weil in vielen Familien mittlerweile beide Elternteile arbeiten gehen und die Schüler somit in der Schule betreut werden können. Doch verbessert haben sich die Ganztagsschulen auch nach 10 Jahren nicht! Bei all den Kongressen zum Thema Ganztagsschule wird immer über das gleiche Argument nachgedacht: Hausaufgaben. Schon seit dem ersten Ganztagsschulkongress wird davon gesprochen Hausaufgaben in Ganztagsschulen abzuschaffen, doch hat sich etwas getan? Nein.
Zickgraf: Was würdet Ihr beim nächsten Kongress besser machen? Habt Ihr Vorschläge?
Leonard: Man muss die Schüler mehr beteiligen.
Sofia: Aus der Sicht der LiveRedaktion würde ich versuchen, mehr Schreibphasen für uns einzuplanen, damit wir nicht zu viel von dem Programm verpassen müssen. Aus Sicht der Schüler wünsche ich mir allerdings, dass wir Schüler stärker in den Kongress einbezogen werden und auch unsere Meinung vertreten dürfen.
Zickgraf: Hat Euch die Erfahrung in Berlin weitergebracht?
Sofia: Die journalistische Erfahrung, über die Leo und ich bereits verfügten, war uns in der LiveRedaktion sehr nützlich. Wir wussten auf Anhieb, was für eine Textformen wir für unseren Artikel verwenden wollten, was für Fragen interessant für ein Interview waren, und wie man ausformulierte Sätze in Stichpunkten verfasst.
Leonard: Wir haben viele nette Leute kennengelernt und haben viele Erfahrungen gesammelt.