Wir sitzen alle in einem Boot – Erlebnispädagogische Kanu- und Mountainbikefahrt im 6. Jahrgang
Seit vielen Jahren führen wir an unserer Schule erlebnispädagogische Kanufahrten durch. Begonnen haben wir mit einer kleinen Gruppe von 16 Kindern des 6. Jahrgangs und gemieteten Booten. Inzwischen führen wir mit jeder Klasse des 6. Jahrgangs eine dreitätige erlebnispädagogische Kanu– und Mountainbiketour an der Lahn durch. Dank der Unterstützung der „Aktion Mensch“ und des Fördervereins konnten wir sechs Kanadier mit Equipment und 21 Mountainbikes anschaffen und können so die Tour für ganze Klassen anbieten.
Wir fahren mit der Bahn nach Leun an der Lahn und paddeln und radeln von dort bis nach Weilburg. Nach einer Übernachtung auf dem dortigen Jugendzeltplatz geht es am nächsten Tag bis Runkel. Dort grillen wir abends und schlafen auf dem Campingplatz. Am letzten Tag paddeln wir bis Limburg. Von dort geht es mit dem Zug zurück nach Bad Godesberg.
Ein pädagogischer Schwerpunkt ist die Selbstorganisation der Schüler/-innen. Vom Packen der benötigten Ausrüstungsgegenstände über das Aufbauen der Zelte bis hin zum Kochen der Mahlzeiten werden die Schüler/-innen darin unterstützt, sich eigenständig zu versorgen. Für viele Schüler/-innen, die in der Schule schwieriges Sozialverhalten zeigen, sind die Erfolgserlebnisse im lebenspraktischen Bereich eine wichtige Erfahrung. Auch die mitfahrenden Schüler/-innen mit Behinderungen haben Lernmöglichkeiten in Bereichen, in denen es ihnen oft an Kompetenzen fehlt.
Das Training sozialer Kompetenzen ist ein weiterer Schwerpunkt des erlebnispädagogischen Projekts. Zur Fortbewegung mit dem Kanu ist Teamarbeit nötig, man muss alle Schüler/-innen integrieren. Beim Aufbau der Zelte sowie beim Kochen ist es ebenso wichtig, jeden nach seinen Fähigkeiten einzusetzen und zu lernen, sich in die Gruppe einzubringen.
Besonders wichtig ist das Projekt auch für Schüler/-innen, die mit der Schule vorwiegend negative Erfahrungen und Misserfolge verbinden. Diese Schüler/-innen drohen in den höheren Klassen zu Schulverweigerern zu werden. Für sie stellt die Kanufahrt ein wichtiges positives Erlebnis dar und führt zu einer Bindung an die Schule.
Die Kanu- und Mountainbikefahrt vermittelt den Schüler/-innen ein Naturerlebnis auf dem für sie relativ unbekannten Medium Wasser. Für Schüler/-innen, die Schwierigkeiten haben, ihre überschäumende Aktivität zu steuern, stellt das Wasser eine natürliche Begrenzung dar. Beim Fahrradfahren ist Ausdauer gefordert, so dass die Impulsivität gebremst wird.
Für viele der mitfahrenden Schüler/-innen ist es wichtig, überhaupt von zu Hause wegzukommen in eine neue Umgebung, da sie aufgrund der eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten diese Erfahrung nicht machen können. Hier zeigt die Kanu- und Mountainbikefahrt eine Möglichkeit auf, auch mit geringen finanziellen Mitteln ein „Urlaubserlebnis“ zu haben.
