Antje Dertinger:
Vortrag über Dr. jur. Elisabeth Selbert
am 22. März 2012 anlässlich einer Feierstunde zur Namensänderung
in der neu so benannten Elisabeth-Selbert-Gesamtschule
in Bonn-BadGodesberg
Wenn wir heute junge Leute mit der Feststellung konfrontieren: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, dann entgegnen sie vermutlich: „Ja klar!“ oder, achselzuckend, „na und?“
Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern, wenn sie auch bis heute nicht vollständig verwirklicht worden ist, gilt seit Langem als eine Selbstverständlichkeit. Aber das ist sie nicht! Sie ist, wenn wir nicht aufpassen, sogar in Gefahr. Man bzw. frau muss sie hüten, damit nichts von dem verlorengeht, was Elisabeth Selbert – und zwar sie ganz allein! – erkämpft hat.
Vermutlich bin ich deshalb gebeten worden, hier über Elisabeth Selbert zu sprechen, weil ich als Journalistin und als Buchautorin sehr viel über sie geschrieben und veröffentlicht habe – und weil ich ihr noch begegnet bin. Erstmals geschah dies im August vor 34 Jahren, also Sommer 1978. Elisabeth Selbert war damals 82 Jahre alt und arbeitete immer noch als Anwältin und Notarin in ihrer Kanzlei in Kassel.
Ihr politisches Wirken ist an dieser Schule, die kürzlich nach Elisabeth Selbert benannt worden ist, sicher weitgehend bekannt. Deshalb möchte ich den außergewöhnlichen Lebensweg dieser noch im deutschen Kaiserreich geborenen Frau in den Mittelpunkt stellen und auch ihr Wesen, soweit es mir bekannt geworden ist.
In jenem kaiserlichen ‚Reich’ hatten zum Zeitpunkt der Geburt von Elisabeth Selbert Frauen kein Wahlrecht; sie durften bei Strafe Parteien und Gewerkschaften nicht angehören; sie durften nicht einmal an deren Versammlungen teilnehmen. Ein Gymnasium zu besuchen und die Abiturprüfung abzulegen, war ihnen ebenfalls verwehrt; sie hatten keine Chance zu studieren, und sogar Kunstakademien waren ihnen verschlossen.
Unter diesen Bedingungen wurde es Elisabeth Selbert, damals noch Elisabeth Rohde, sicher nicht an der Wiege gesungen, dass sie in der Geschichte eines viel späteren Deutschlands, eines Jahrzehnte lang geteilten Landes, einmal eine sehr bedeutende politische, ja, eine durchaus als historisch zu bezeichnende Rolle spielen würde…
Der Anfang, also: Elisabeth wurde am 22. September 1896 als zweite unter insgesamt vier Töchtern des späteren Justizoberwachtmeisters Georg Rohde und seiner ebenfalls Elisabeth geheißenen Frau geboren. Die Eltern „stammten beiderseits aus bäuerlichen Familien, von größeren Bauernhöfen“ und wurden von Tochter Elisabeth als „ganz bürgerlich“ beschrieben. Aber die Rohde-Eltern waren, gemessen an der damaligen Zeit, aufgeschlossene Leute; es war ihnen jedenfalls selbstverständlich, dass ihre vier Töchter solide Schulabschlüsse machten und Berufe erlernten.
Elisabeth besuchte zunächst die Volks-, dann die Mittelschule, schließlich noch eine Höhere Handelsschule. Im Fremdsprachlichen, im Kaufmännischen und im Bürotechnischen qualifizierte sie sich in kurzer Zeit so weit, dass sie eine Anstellung als Auslandskorrespondentin fand, einige Jahre später jedoch als Postbeamtenanwärterin den Berufsweg erstmals wechselte. Elisabeth war nicht aus irgendeinem theoretisch-politischen Ansatz berufstätig geworden, sondern weil es ihr ein Anliegen war, auf eigenen Füßen zu stehen und dadurch auch die Eltern zu entlasten.
Wie viele Frauen damals und manche noch heute, wurde Elisabeth Rohde durch einen Mann politisiert, durch Adam Selbert, mit dem sie durch Zufallsbegegnungen bei Theaterbesuchen bekannt geworden war. Er war – der Erste Weltkrieg war inzwischen beendet – Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrates in Kassel. „Ich selbst“, so berichtete mir genau 60 Jahre danach Elisabeth Selbert, „ich selbst war damals immer eine Suchende, wobei ich eigentlich weniger an Parteipolitik gedacht hatte als vielmehr an die Geisteswissenschaften, zu denen ich mich ganz besonders hingezogen fühlte. Ich hatte sehr früh Kant, Rousseau und andere Philosophen gelesen.“
Die Suchende fand durch Anregungen ihres inzwischen Verlobten relativ schnell zum Ziel: Noch im Revolutionsjahr 1918 wurde sie Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, „denn“, so erklärte sie, „wenn ich von etwas überzeugt sein kann, vertrete ich diese Überzeugung auch mit Nachdruck“. Dazu gehörte anfangs vor allem, dass sie sich öffentlich für den Gebrauch des durch die Revolution errungenen Frauenwahlrechts stark machte. Sie selbst nutzte es sofort aktiv und passiv; sie wählte und wurde gewählt. Die politische Laufbahn der Elisabeth Rohde begann als Gemeinderätin in Niederzwehren bei Kassel.
1920 heirateten Elisabeth und Adam Selbert. 1921 und 1922 wurden ihre beiden Söhne geboren, Gerhard und Herbert.
Elisabeth Selbert, nun also Mutter zweier kleiner Kinder und ehrenamtliche Kommunalpolitikerin, fand, dass sie noch viel lernen müsse und bereitete sich auf die Abiturprüfung vor. 1926, mit 30 Jahren, legte sie als externe Schülerin die Reifeprüfung ab und begann unmittelbar danach in Marburg, später Göttingen mit dem Studium der Rechtswissenschaften. Ihr Mann unterstützte sie sehr. Es gehörte zu ihrer beider Selbstverständnis, dass man das eigene Wissen immerwährend bereichern müsse, um das eigene und das gesellschaftspolitische Leben besser gestalten zu können.
Immer noch war damals das Frauenstudium etwas verhältnismäßig Unübliches. Bei ihrer Immatrikulation in Marburg gab es unter 350 angehenden Jurastudenten nur vier Frauen. Elisabeth als Einzige ‚hielt durch’. Sie absolvierte das Studium in kürzest möglicher Zeit und wurde bereits 1930 zum Dr. jur. promoviert. Sie wählte ein sehr interessantes Dissertationsthemas: „Zerrüttung der Ehe als Scheidungsgrund“. – Nur die Älteren unter uns wissen, dass das Ehe- und Familien-, somit auch das Scheidungsrecht erst 1977 (!) im Sinne Selberts grundlegend verändert wurde: Das Schuldprinzip wich 47 Jahre nach Selberts Dissertation endlich dem Zerrüttungsprinzip!
Ein Jahr danach, 1978, befragt, ob zu den Beratungen über das neue Scheidungsrecht der Bundesrepublik Deutschland ihre wegweisende Doktorarbeit oder sie selbst herangezogen worden sei, verneinte sie, und es war deutlich zu spüren, wie tief gekränkt sie deswegen war.
Elisabeth Selbert war in den frühen 1970er Jahren vergessen. Das ist umso erstaunlicher als jene Jahre geradezu geprägt worden waren von der Zweiten, der Autonomen Frauenbewegung, die sich aus der sogenannten 68er Bewegung entwickelt hatte. – Dazu eine, diesen Sachverhalt illustrierende persönliche Erfahrung: Als Elisabeth Selbert am 9. Juni 1986 in ihrem 90. Lebensjahr starb, gab es keinerlei Altersfotos von ihr. Niemand außer mir hatte die Vergessene in ihrem Alter noch aufgesucht und fotografiert. Und so kam ich zu der ‚Ehre’, dass nach ihrem Tod der ‚Spiegel’ um die Abdruckgenehmigung für das Altersporträt bat, das Sie hier eingangs gesehen haben. Es war das einzige Bildnis der gealterten Juristin und Politikerin, das es gab.
Zur erwähnten Autonomen Frauenbewegung der 1970er Jahre hatte Elisabeth Selbert übrigens eine Un-Beziehung, wie ich das einmal nennen möchte. Jedenfalls brachte sie keinerlei Verständnis für Frauen auf, die in lila Latzhosen patriarchale Männer mit vollreifen Tomaten bewerfen, auf Demos gehen und „Mein Bauch gehört mir!“ skandieren oder sich trotzig auf Illustrierten-Titelseiten zur zwar verbotenen, aber dennoch vollzogenen Abtreibung bekannten. Solche Aktionen waren aus Selberts Sicht kein Ausdruck politischen Handelns. „In die Parlamente müssen die Frauen!“, rief sie ihnen immer wieder zu. „Dort müssen sie durchsetzen, was ihnen zusteht! Sie haben doch, ganz anders als früher, alle Rechte. Es ist mir ganz und gar unbegreiflich, warum sie sie nicht nutzen – Doppelbelastung hin oder her.“
Wer Elisabeth Selberts Biografie kennt, mag ihr kaum widersprechen. Vielleicht war es aber gerade diese Biografie, die auf Manche einschüchternd wirkte, diese frühe Entscheidungs- und Willenskraft, diese Disziplin und Ausdauer, mit denen schon die junge Elisabeth Ziele anstrebte und zügig erreichte.
Gesellschaftspolitische Teilnahmslosigkeit war für sie völlig unverständlich und deshalb ein Thema, bei dessen Diskussion sie höchst unduldsam und kritisch werden konnte. Und bei manchen ihrer männlichen Kollegen in der Politik war sie schon deshalb wenig beliebt, weil sie dem überkommenen Frauenbild so ganz und gar nicht entsprach; weil sie vielmehr, ausgerüstet mit einem immensen Wissensschatz, jeder Debatte in ihren verschiedenen, keineswegs immer ‚frauenspezifischen’ Arbeitsfeldern gewachsen war. Zudem fehlte ihr (zumindest in dem Lebensalter, in dem ich sie erlebt habe) alles Verbindliche, freundlich Gewinnende, das sehr viele Frauen, mit Absicht oder unbewusst, auszustrahlen pflegen. Es war nicht ganz leicht, an sie ‚heranzukommen’.
Und nun wieder chronologisch: Vom 30. Januar 1933 an wurden Frauen zurück ins Heim geschickt, wo sie ihre Männer zu umhegen hatten und viele Kinder „für den Führer“ bekommen sollten. Der Beamtenstatus blieb unterm Hakenkreuz Männern vorbehalten, sofern sie keine Sozialdemokraten, Kommunisten oder gar Juden waren. Adam Selbert war SPD-Mann und verlor 1933 sofort seinen Posten als Kommunalbeamter; wiederholt wurde er in sogenannte Schutzhaft genommen.
Seine Frau Elisabeth musste nun die Familie ernähren, zwölf Jahre lang. Da war es ein Segen, dass sie durch glückliche Umstände 1934 als Frau noch zur Anwaltschaft zugelassen worden war und in Kassel eine Kanzlei eröffnen konnte. Sie bemühte sich um die Vertretung unpolitischer ‚Fälle’, wie sie mir erzählte, und wurde dadurch notgedrungen mehr und mehr zur Familienrechtsexpertin.
Mit den sozialdemokratischen Freunden, soweit sie nicht in Gefängnissen saßen oder geflohen waren, hielten die Selberts immer Kontakt. „Nach 1945“, so berichtete Elisabeth, „war ich dann eine der Ersten, die sofort wieder in die Politik einsteigen mussten, und zwar nicht nur aus einem inneren Bedürfnis, sondern weil man mich dazu verpflichtete.“ Sie und ihr Mann waren Nazi-gegner gewesen und wurden gebraucht, denn so sehr viele hat es davon hierzulande ja gar nicht gegeben. Außerdem hatten beide Selberts langjährige politische, auch kommunalpolitische Erfahrungen.
<An dieser Stelle berichte ich nichts von der sehr verdienstvollen Tätigkeit Elisabeth Selberts als Mitglied der Verfassunggebenden Hessischen Landesversammlung, die ihrer Mitarbeit am Grundgesetz ja vorausging. Ich spare hier auch ihre langjährige Arbeit im Landtag von Hessen aus.>
Die Arbeit am Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland begann vor der Gründung dieser Republik aus den drei westlichen Besatzungszonen. Sie begann im Hochsommer 1948 mit der Entsendung von Delegierten in den Parlamentarischen Rat. Der trat am 1. September 1948 im zoologischen Museum Alexander Koenig an der späteren Adenauerallee in Bonn zusammen; denn Bonn war ziemlich kriegszerstört, aber das Museum mit seinem zentralen großen Saal war unbeschädigt. Die Szene der Ankunft schilderte mir Elisabeth Selbert genau drei Jahrzehnte danach mit einer Lebhaftigkeit, als wäre es gestern gewesen:
„Als wir ankamen, fuhren gerade die Offiziere vor und die Hohen Kommissare (also die Vertreter der westlichen Besatzungsmächte) mit tollen Wagen, Rolls Royce oder so, auch die Herren Ministerpräsidenten. Dann wurden wir, Programm in der Hand, hineingeleitet in den Saal. Das war, wie gesagt, das Museum Koenig, rundherum lauter ausgestopfte Tiere; die hatte man nur zur Seite geschoben. So entstand ein Karree. In der Mitte wir 65 Parlamentarier, zwischen den Hohen Kommissaren mit ihren ganzen Stäben auf der einen und den Ministerpräsidenten auf der anderen Seite, außenherum, wie gesagt, die ausgestopften Tiere.“
Später wurde gedankenlos immer von den „Vätern des Grundgesetzes“ gesprochen; aber es gab auch ‚Mütter’, immerhin vier: zwei Sozialdemokratinnen, nämlich Elisabeth Selbert und Frieda Nadig, sowie Helene Weber von der CDU und Helene Wessel von der Zentrumspartei.
<Hier möchte ich nochmals einen Schnitt machen, indem ich Selberts wichtigsten Erfolg in ihrer gesamten politischen Laufbahn nicht en détail darstelle. Ihre Mitarbeit am Grundgesetz ist hervorragend belegt; man lese nur die Protokolle der Sitzungen des Parlamentarischen Rates nach. Die lange Zeit bestehende entschiedene Gegnerschaft fast aller Mitglieder des Rates gegenüber Selberts schlichter Formulierung von der Gleichberechtigung von Frauen und Männern erscheinen heute geradezu abwegig und bizarr. Es sind aus heutiger Sicht die reinsten Lachnummern.>
Hier, in meinen Büchern und Buchbeiträgen – von denen ich aus heutigem Anlass der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule einige schenke – sind die Diskussionen in Kurzfassung zu lesen. Ich spare mir die Wiederholung und möchte nur auf Eines hinweisen: Elisabeth Selberts schnörkellose, klare, geradezu puristische Sprache. Diese Sprache, diese Ausdrucksweise lässt keinen Raum für Zweideutigkeiten; sie lässt keinen Raum für Interpretationen in diese oder jene Richtung. Bis Selbert mit Hilfe der Öffentlichkeit „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ ohne Wenn und Aber durchsetzen konnte, bedurfte es – schwer vorstellbar – eines hartnäckigen Kampfes. Das galt auch für Formulierungen bei vielen weiteren Feldern, auf denen sie bei der Schaffung unseres Grundgesetzes mitgearbeitet hat.
Die Widerstände, denen ihre eindeutigen juristischen Formulierungsvorschläge begegneten, haben sie in höchstem Maß überrascht: In ihren „kühnsten Träumen (hatte sie) nicht erwartet, dass der Antrag abgelehnt“ werden würde. Sämtliche Bedenkenträger/innen meldeten sich zu Wort, sogar ihre SPD-Kollegin Frieda Nadig, die „ein Rechtschaos“ befürchtete. Und etliche Männer mimten die Charmanten, indem sie behaupteten, ein Grundgesetz-Artikel zur Gleichberechtigung sei doch gar nicht nötig. Man achte die Frauen sowieso… Das zahlreiche Gelächter, in das die Parlamentarier bei Beratung gerade dieses Grundgesetz-Artikels immer wieder ausbrachen, belegt, wie viel Unverstand zeitweilig in dem Hohen Hause herrschte.
Selbert ließ sich aber nicht beirren und bestand auf ihrer schlichten Formulierung, mobilisierte schließlich die Öffentlichkeit und drohte dem Parlamentarischen Rat: „Sollte der Artikel in dieser Fassung heute wieder abgelehnt werden, so darf ich Ihnen sagen, dass in der gesamten Öffentlichkeit die maßgeblichen Frauen dazu Stellung nehmen werden, und zwar derart, dass die Annahme der gesamten Verfassung gefährdet wird.“
Es ist heute wohl nicht mehr vorstellbar, was Elisabeth Selbert initiieren musste, um den Rat auf ihre Formulierung einzustimmen. Sie reiste „wie ein Wanderprediger“ durch die Lande, was im Zonen-Deutschland von 1948 äußerst beschwerlich war, und mobilisierte die bereits existierenden neuen Frauenverbände. Es gelangten daraufhin „waschkörbeweise“ Frauen-Protestschreiben an den Parlamentarischen Rat, der zum Thema Gleichberechtigung einen ‚Gummiparagraphen’ zu bevorzugen schien.
Am Ende erreichte Elisabeth Selbert die von ihr mit Recht bevorzugte schlichte, uns allen bekannte, eindeutig-klare Formulierung: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Sie setzte zudem einen Übergangsparagrafen durch, der regelte, dass bis 1953 alle Gesetze aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch dem Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes angepasst werden mussten. – Das geschah nicht. Die 1949 gewählten Abgeordneten des Ersten Deutschen Bundestages ignorierten den Termin. Jahrelang lebten die (West)Deutschen mit dem permanenten Verfassungsbruch.
Erst Erna Scheffler, die erste und viele Jahre lang einzige Richterin am 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts, sorgte entschieden für die Umsetzung des Gleichberechtigungsprinzips ins bundesdeutsche Alltagsleben, also ins Bürgerliche Gesetzbuch. Sie ermutigte Frauen und deren Verbände immer wieder erfolgreich zu Verfassungsklagen auf Durchsetzung des unveräußerlichen Gleichberechtigungs-Grundrechts. – Aber das ist eine andere Geschichte.
Weil Elisabeth Selbert erst in ihrem 90. Jahr starb, erlebte sie die Folgen ihres Kampfes noch lange mit. Sie erlebte auch die Schwierigkeiten und die vorübergehenden Misserfolge. Und doch zog sie am Ende eine beneidenswert positive Bilanz. Allen Unzulänglichkeiten zum Trotz fand sie: „Der Gleichberechtigungsgrundsatz ist nie wieder aus dem Grundgesetz rauszukriegen. Nie wieder. Ohne ihn wären all die Reformen, die uns heute Selbstverständlichkeiten sind, nicht möglich gewesen: 218, Ehe- und Familienrecht, Namensrecht, prinzipielle Lohngleichheit, gleiche Bildungsmöglichkeiten, jedenfalls gesetzlich. Nur gibt es eben noch größere und kleinere Dinge, die man schaffen muss. Das ist dann die Sache der Frauen bei den Wahlen.“