Die „ELSE“: Einmal auf Augenhöhe mit dem Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich

(19.12.2012) Am 28. November 2012 fuhr Leonard Günter mit dem Leiter der Schulzeitungs-AG, Peer Zickgraf, zum Bundesministerium des Innern (BMI) nach Berlin. Einen Tag zuvor reiste Moritz Scharfstädt an, der bereits seit einem Jahr für die Schülerzeitung arbeitet. Thema des bundesweiten Projekts „Schule im BMI“, zu dem wir als Schülerredakteure der „ELSE“ geladen waren: Politischer und religiöser Extremismus.

Mit dem Wissen, dass ich mit 13 Jahren der jüngste Teilnehmer war, setzte ich mich in Bonn den Zug. Als ich mir im Zug einen Platz geschnappt hatte, traf ich meinen AG Leiter, Peer Zickgraf, der in Köln zustieg. Mit ihm erstellte ich einige Fragen für den Innenminister für das Fünf-Minuten-Gespräch. In Berlin werde ich dann Moritz treffen. Nach vier Stunden Fahrt endlich angekommen in Berlin!

Mein erster Eindruck war sehr positiv. Der moderne Hauptbahnhof war riesig. Überall liefen Reisende mit Koffern umher, doch es herrschte kein Gedränge. Am Hauptbahnhof war alles sehr idyllisch. Dabei waren die schmutzigen Fassaden vom Kanzleramt nur wenige Meter entfernt zu sehen. Wer dagegen den Bonner Hauptbahnhof kennt, weiß, dass er klein und recht schmuddelig ist. Doch die Ruhe im Berliner Hauptbahnhof war trügerisch. Denn sobald man sich vom Bahnhof entfernte, sah man das wahre Gesicht der Hauptstadt: modern und hektisch. Überall Anzeigetafeln und große, breite Straßen.

Wo war die Ruhe geblieben? Am Bahnhof war es doch eben noch so entspannend! In Bonn war es wenige Stunden zuvor noch genau andersherum. Eine andere, überschaubare Welt. Wir gingen zur Haltestelle und warteten keine zwei Minuten, als schon unser Bus kam. Und wieder ein Unterschied zu Bonn! Es fuhr ein gelber Doppeldecker vor. Jedoch war dies keine Ausnahme. Auf dem Weg zum BMI begegneten uns nämlich nur gelbe Doppeldecker.

Nachdem wir in der Nähe des Bundesinnenministeriums ausstiegen, hieß es erst mal, das Ministerium finden. Da wir früh da waren, hatten wir noch etwas Zeit, uns umzusehen. Endlich war es gegen 13 Uhr soweit, wir konnten reingehen und trafen Moritz. Nun gingen wir gemeinsam durch die Kontrolle, das heißt, jeder passierte brav die Sicherheitsdetektoren. Trotzdem schlugen sie immer wieder „Alarm“, da viele Schüler Metallgegenstände mit sich führten. Deshalb wurde jeder nochmals von der Bundespolizei untersucht. Nachdem ich mein ganzes Gepäck zum Röntgen in den Behälter schob, ging auch ich durch. Kein Piepen. Nur: Wo war mein Gepäck geblieben? Es wurde eigens von einem Polizisten untersucht. Nachdem ich dann per Hand den Rucksack öffnete, konnte ich passieren.

Ich kam in einen bescheiden eingerichteten Raum. Vorne war ein kleines Podium aufgebaut und prall gefüllte Geschenktaschen lagen auf jedem Platz. In den Taschen waren unter anderem das Tagesprogramm, der Verfassungsschutzbericht 2011 und ein netter Notizblock. Nachdem 26 Schüler aus ganz Deutschland angekommen waren, fiel eins auf: ein Platz war frei. Uns wurde erklärt, dass der Pressesprecher Jens Teschke gerade auf der Bundespressekonferenz war. Diese Zeit wurde genutzt, damit man uns informierte, wie das Drei-Minuten-Gespräch ablaufen würde. Drei Minuten? Waren es nicht ursprünglich fünf gewesen? Uns wurde versichert, dass es tatsächlich drei Minuten würden. Schade. Wir mussten also einige Fragen streichen.

Als die Mitarbeiter uns noch über den Ablauf informierten, stürmte ein Mann in Anzug und Aktentasche hektisch durch die Tür herein: Jens Teschke. Er lächelte freundlich und war sehr sympathisch. Er entschuldigte sich. Jetzt wusste ich, dass es losgehen würde.

Er und die größten Experten des Ministeriums zum Thema politischer und religiöser Extremismus erklärten anhand einiger Beispiele das Vorgehen terroristischer Organisationen. Die ganze Zeit über war es sehr ruhig und die Stifte der Schüler blieben stets gezückt. Zuletzt nannte uns ein Experte einige Beispiele von extremen Musikern, die wir mal im Internet suchen könnten: ,,Natürlich aus rein journalistischen Gründen”, fügte dieser noch schnell hinzu.

Nach den Vorträgen folgte eine ,,Übungspressekonferenz”. Auch hier wurde fleißig mitgeschrieben, bis man uns unterbrach. Nach der Kaffeepause sollten nämlich die Interviews stattfinden.

Wir mussten nun einmal quer durchs Innenministerium, von dem Besuchersaal zu den Büros und schließlich zum großen Konferenzsaal des Innenministers. Dieser schien sich von den anderen Räumen in nichts zu unterscheiden, abgesehen von dem großen hölzernen Konferenztisch, auf dem Namensschilder von allen Personen standen. Nachdem ich meinen Platz fand, ging es auch gleich los. Man sagte uns, dass wir aufstehen sollten, wenn der Innenminister käme. Kurz darauf schüttelten wir ihm schon die Hände.

Das Interview war länger als gedacht. Aus den drei Minuten wurden bei allen Teilnehmern gerne auch mal sechs. Insgesamt stellten wir für die Elisabeth-Selbert-Gesamtschule fünf lange Fragen. Ich fragte zuerst: Wie würden sie sich als Politiker beschreiben? Dann legte ich die Frage nach: Verstärkte Kontrolle im Internet – was hätte das für Auswirkungen auf mich? Der Minister sagte, dass es Anlass zur Sorge vor terroristischen Anschlägen, nicht zuletzt wegen der sehr gefährlichen Salafistenszene in Bonn, gebe.

Am Ende schossen wir noch ein Gruppenfoto und dann ging es zum Motel. Dort erwartete man uns schon. Ich trug mich in eine Liste ein und ging in den ersten Stock in mein Zimmer. Ich machte das Licht an und war überwältigt: ein Motel? Von wegen! Es war sehr schick und sauber. Ich hatte ein Doppelbett für mich, einen schicken Fernseher und ein sauberes Bad. Nur die Aussicht war nicht besonders. Mein Fenster grenzte an einen Bahndamm mit Zuggleisen. Ich ging ins Bett, sah zuvor aber noch die Nachrichten und dachte noch mal an meinen ereignisreichen Tag, während im Foyer des Motels andere Besucher sich lautstark unterhielten.

Als der jüngste Teilnehmer habe ich mich gut behauptet. Auch dank meiner Größe ist es sicherlich einigen Siebzehn- und Zwanzigjährigen nicht aufgefallen, wie alt ich tatsächlich bin. Ich habe viel erlebt und noch mehr mitgeschrieben. Ich dachte darüber nach, wie gering die inhaltliche Übereinstimmung zwischen dem Innenminister und mir war und dass er trotzdem zu mir sehr freundlich und sympathisch war. Und so schlief ich ein. Am nächsten Morgen wachte ich früh auf. Ich ging runter in die Lobby des Motels und frühstückte mit meinem AG-Leiter. Nachdem wir fertig waren, zeigte er mir noch die Siegessäule und das Schloss Bellevue. Dann ging es in den Zug. AG-Leiter Zickgraf interviewte mich noch, während wir diesmal über fünf Stunden, statt vier, zurück nach Bonn brauchten. Ich war zurück in meiner ruhigen Welt.

 

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P.S.: Zwei Wochen später, am 10. Dezember 2012, zeigte uns der versuchte Terroranschlag in Bonn, wie brisant das Thema der Berlinreise doch ist. Als Schülerredakteur war ich plötzlich mittendrin im aktuellen Geschehen und war doch viel besser informiert über die Hintergründe, als die meisten meiner Altersgenossen in Deutschland.

Leonard Günther