(28.11.12) Die Schülerzeitung „ELSE“ spricht bei Bundesinnenminister (BMI) Hans-Peter Friedrich vor. Anlass ist das Projekt „Schule im BMI“ zum Thema „Religiöser und politischer Extremismus“, zu dem am Mittwoch, den 28.11.2012, von 14 bis 18:00 Uhr rund 24 Schülerzeitungsredakteure im Rahmen einer Schüler-Pressekonferenz individuelle Fragen an den Minister richten. Die Schülerredakteure Moritz Scharfstedt, 17 Jahre, und Leonhard Günther, 13 Jahre, vertreten die Schülerzeitung „ELSE“ in Berlin vor Ort. Der Leiter der Schulzeitungs-AG, Peer Zickgraf, führte im Vorfeld ein Gespräch mit Schulleiterin Andrea Frings über die Relevanz des Themas für die Elisabeth-Selbert-Gesamtschule Bonn-Bad Godesberg.
Zickgraf: Sie haben am Tag der offenen Tür ausgeführt, dass es im Umfeld der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule diverse extremistische Tendenzen gibt, mit denen sich die Schule auseinandersetzen muss. Können Sie diese Ereignisse bitte beschreiben?
Andrea Frings: In unserem Stadtteil sind vor einigen Monaten Mitglieder der Organisation „Pro NRW“ mit gewaltbereiten Salafisten zusammengestoßen. Die einen hatten eine moslemfeindliche, provozierende Demonstration geplant, die anderen waren angereist, um dagegen vorzugehen. Es gab viele Verletzte, auch bei der Polizei, und im Anschluss heftige Diskussionen über Fragen der Meinungsfreiheit und Toleranz.
Peer Zickgraf: Wie spiegeln sich diese Tendenzen in der Schule wieder? Inwiefern hat es die Gesamtschule im Alltag konkret mit Neonazis und Salafisten zu tun?
Frings: Glücklicherweise spiegelt sich dieser gesellschaftliche Konflikt noch gar nicht in der Schule wider. Unsere Schüler leben so friedlich zusammen wie an anderen Schulen auch. Aber es gibt genügend Gefahren für dieses Zusammenleben und für einzelne Schüler.
Zickgraf: Wie würden Sie diese Gefahren beschreiben?
Frings: Ab dem Alter von 12, 13 Jahren beginnen Jugendliche sich von den Eltern zu lösen und nach neuer Orientierung zu suchen. Das ist manchmal ein schmerzhafter, angstbesetzter Prozess. In dem Alter sind sie in Gefahr, sich beeinflussen zu lassen. Die extremistischen Köpfe haben kein Interesse, sich ausgewogen zu äußern: sie begegnen den Fragen der jungen Leute nicht mit „einerseits … andererseits“ oder „denk mal über die Sache nach und bilde dir eine eigene Meinung“, sondern sie haben einfache Antworten parat: das ist die Wahrheit, schwarz-weiß, schön einfach und griffig. Das ist verführerisch für Jugendliche in diesem Alter. Das macht mir große Sorgen.
Zickgraf: Man muss natürlich hinzufügen, dass wir in wirtschaftlichen Krisenzeiten leben und die von Ihnen geschilderte Gefahr deutlich zunimmt. Die Rattenfänger, sprich die Salafisten oder die Neonazis, haben dann leichteres Spiel.
Frings: Ja, das ist wohl so, aber es gibt auch sehr kompetente Unterstützung für die Nachdenklichen. So veranstaltete z.B. vergangenen Samstag die European Foundation for Democracy hier gleich nebenan eine sehr interessante Tagung, auf der auch einige Kollegen von mir waren. Auf der Tagung haben wir gelernt, dass Extremisten immer dieselben Methoden verwenden, egal ob sie religiöse oder politische Extremisten sind.
Zickgraf: Wie sehen die Methoden denn aus?
Frings: Einfache Lösungen, eine verschworene Gemeinschaft und starke Führerpersönlichkeiten: Hör auf mich, halte zu uns, dann wird die Welt besser – auch ohne Nachdenken und Diskutieren.
Zickgraf: Krisenzeiten sind gute Zeiten für den Ruf nach der autoritären Gesellschaft, für den Rückbau der Demokratie.
Scharfstedt (Schüler des 11. Jahrgangs): Wenn man seine Gruppe gefunden hat ist es schwer da wieder heraus zu kommen.