Holocaust-Gedenken: Erinnern als Verantwortung der jungen Generation

Wer am Montag, 27. Januar, auf dem Weg zur Schule war, konnte vor dem Hauptportal der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule die deutsche Flagge auf Halbmast wehen sehen – wie vor allen anderen Schulen und öffentlichen Gebäuden im Land an diesem Tag. Da sich einige Schülerinnen und Schüler fragten, was das zu bedeuten hatte, nahm der Didaktische Leiter der Schule Ralf Wörmann in seiner wöchentlichen Durchsage Bezug darauf: „Das ist das Zeichen für eine Trauerbeflaggung. Denn heute ist der Internationale Holocaust-Gedenktag – und zwar wurden heute vor genau 75 Jahren das Konzentrationslager Auschwitz und die letzten Überlebenden befreit“. Er forderte in der kurzen Durchsage seine Kolleginnen und Kollegen dazu auf, mit ihren Klassen über diesen wichtigen Gedenktag zu sprechen: „Vielleicht wollen wir uns alle heute mal etwas Zeit nehmen gemeinsam über diesen Anlass zu sprechen. Ihr habt sicherlich einige Fragen und Gedanken zu diesem Thema, über die ihr sprechen wollt“, so Ralf Wörmann. Aus diesem Anlass nahmen am Montagmittag auch zwei 10. Klassen und eine 8. Klasse der ESG an der offiziellen Holocaust-Gedenkstunde der Stadt Bonn im Schauspielhaus Bad Godesberg teil. Dabei wurde im Beethovenjahr 2020 insbesondere an verfolgte Bonner Musikerinnen und Musiker jüdischen Glaubens erinnert. Der Bonner Oberbürgermeister Ashok Sridharan freute sich in seinem Grußwort darüber, dass sich so viele Schülerinnen und Schüler wie noch nie zuvor für die Teilnahme an der Gedenkstunde angemeldet hätten: „Das Schauspielhaus ist bis auf den letzten Platz belegt. Das freut mich sehr! Und das spiegelt im Übrigen auch die gestiegenen Besucherzahlen in der Bonner NS-Gedenkstätte wider“, so Sridharan. Gemeinsam solle in Veranstaltungen wie dieser zum gemeinsamen Nachdenken angeregt werden. Man müsse sich auch heute wieder mit den Jüdinnen und Juden wie auch mit allen anderen Minderheiten solidarisieren, um das demokratische Miteinander zu bewahren. „Wir treten für eine Stadt Bonn an, die die Vielfalt schätzt und schützt“, so der Oberbürgermeister zum Ende seiner Rede. Die Schülerinnen und Schüler der teilnehmenden Klassen verfolgten die Veranstaltung interessiert und aufmerksam. Auch die begleitenden Lehrerinnen und Lehrer freuten sich über eine gelungene und würdevolle Gedenkveranstaltung. Am folgenden Dienstagabend nahm dann noch der Geschichtskurs von Amke Odens an einer Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag im Haus der Geschichte teil. Die Veranstaltung mit dem Titel  „Wenn Raushalten keine Alternative ist …“ begann zunächst mit einer Kurzbegleitung durch die Dauerausstellung des Geschichtsmuseums. Ein besonderes Augenmerk wurde dabei auf die Themen Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus, Wiedergutmachung und Erinnerung an den Holocaust gelegt. Gegen Ende der Begleitung wurde auch noch der Bereich des Rechtsextremismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit mit in den Blick genommen. Anschließend begab sich der Kurs zusammen mit den anderen Gästen in den Saal zur Lesung des Jugendbuchautors Christian Linker aus seinem Roman „Der Schuss“. Er diskutierte zusammen mit der Moderatorin Annika Triller und der Expertin für Rechtsextremismus Freya Elvert (Bundeszentrale für politische Bildung / bpb) über das Holocaust-Gedenken und den derzeitigen Rechtsruck in der Bundesrepublik. Unter Einbeziehung des Publikums erörterten die Podiumsteilnehmer/innen Gegenstrategien gegen rechte Parolen im Alltag. Der Geschichtskurs von Frau Odens folgte der Kurzbegleitung und der Podiumsdiskussion interessiert und tauschte sich in den Pausen angeregt untereinander aus. Sie freuten sich offensichtlich über die Möglichkeit, an dieser spannenden Veranstaltung an den „außerschulischen Lernort“ zu verlegen. Die Veranstaltungen zum Holocaust-Gedenktag stehen stellvertretend für eine Vielzahl von Aktivitäten der ESG gegen politischen oder religiös motivierten Extremismus. Unterstützt werden sie dabei vom Projekt „Solidarisch und gemeinsam gegen Extremismus / CleaRTeaching“ der Aktion Gemeinwesen und Beratung e.V., Düsseldorf. Mehr Informationen dazu unter: www.clearing-schule.de Jan-Hendrik Weinhold-Flum, Präventionsbeauftragter