Wie wir bereits im letzten Schuljahr mit überwältigender Mehrheit entschieden hatten, flogen wir zu unserer Abschlussfahrt nicht nach Dublin, sondern wollten fünf Tage lang in Holland auf dem Ijsselmeer segeln. Im Vorfeld war ich, wie viele andere Schüler auch, skeptisch, ob das kleine Segelboot nicht etwas zu eng für 26 Schüler und drei Lehrer wäre und ob die langen Reisezeiten und die mangelnde Bewegung nicht etwas auf die Stimmung drücken würden. Doch keine dieser drei Annahmen bestätigten sich.
Nach einer längeren Busfahrt trafen wir im Hafen von Enkhuizen einer kleinen, aber im Vergleich zu den anderen Hafenstädten, welche wir im weiteren Verlaufe der Reise noch besuchen würden, eher großen Stadt ein. Unser Schiff, welches den Namen „‘t Wapen fan Fryslân“ hatte, lag bereits vor Anker. Die Kabinen erwiesen sich als klein, aber bewohnbar. Die zugehörigen Badezimmer allerdings waren so klein, dass man vom Klo aus sowohl das Waschbecken reinigen, als auch die hinter diesem liegende Dusche hätte bedienen können. Dennoch konnte man sich auch in diesen Duschen waschen. Trotzdem zogen es manche der Schüler vor, in den in allen Häfen vorhandenen Sanitäreinrichtungen zu duschen, da sie diese als hygienischer und komfortabler empfanden.
Entgegen meiner Erwartung hatten wir an Deck nicht all zu viele Aufgaben. Nur das Hissen des Hauptsegels und des Dreiecksegels, welches „Fock“ heißt, und des großen Segels oberhalb der Brücke und deren Einholungen standen auf unserer Pflichtenliste an Deck. Bereits nach ungefähr anderthalb Stunden segelten wir los.
An diesem ersten Tag hatten wir unsere kürzeste vom Wind angetriebene Fahrt. Auf der Überfahrt spielten wir Gesellschaftsspiele. Im Vorfeld hatten die Eltern und Lehrer trotz starker Proteste beschlossen, dass man die Handys nur abends und nachmittags verwenden dürfe. Rückblickend muss ich diese Entscheidung loben, da es so zu viel mehr Austausch und Gemeinsamkeit kam, als es mit den Handys der Fall gewesen wäre. Die beliebtesten Gesellschaftsspiele waren unumstritten „Texas Hold’em Poker“, „Uno“ und „Black Stories“. Am ersten Abend ankerten wir in Stavoren, einer kleinen Stadt, in welcher sich viele Schüler mit Leckereien eindeckten. Alkohol war dabei allerdings genauso verboten wie Energie-Drinks. Dies hatten wir zuvor mit vielen weiteren allgemeinen und speziellen Regeln in einem Klassenfahrtsvertrag festgehalten, ebenso wie die teilweise Verbannung der Handys. Dieser Vertrag wurde von allen weitestgehend eingehalten.
Am zweiten Tag würden wir länger und weiter segeln. Allerdings wussten wir am Abend zuvor noch nicht so genau, wohin die Reise gehen würde. Denn die Skipper Eric und Patric mussten sich genauso nach dem aktuellen Wetter richten, wie alle anderen Seefahrer in der Historie unseres Planeten auch. So kam es auch, dass wir am Mittwoch nur bedingt und am Donnerstag gar nicht mit den Segeln fahren konnten, weil wir am einen Tag zu wenig, am anderen zu viel Wind hatten.
Am späten Dienstagmittag ankerten wir in Lemmer. Dort gab es freilich nicht allzu viel zu sehen. Die Verpflegung auf dem Schiff allerdings gestaltete sich nicht als sehr einfach. Die Kochgruppen hatten oft Probleme, alle benötigten Zutaten zusammen zu bekommen, vor allem an diesem Dienstag. Im Vorfeld hatten wir alle Kochgruppen gebildet. Jede musste sowohl einmal das Frühstück und einmal ein warmes Abendessen zubereiten, als auch zweimal in der winzigen Küche den kompletten Abwasch von ungefähr einer Dreiviertelstunde tätigen.
Am Mittwoch waren wir mit etwa sieben Stunden die längste Zeit auf See. Gleichzeitig war dies der Tag mit der schönsten hollandtypischen Kleinstadt. Wir segelten nach Medemblik. Diese Stadt war zugleich aber auch die kleinste; es gab gerade mal eine Straße mit Geschäften. Dennoch bleibt mir die Stadt nicht zuletzt wegen der hervorragenden Pommes in Erinnerung.
Bereits am Donnerstag kehrten wir nach Enkhuizen zurück, von wo aus wir am Montag gestartet waren. Auch hier gingen wir an Land, um uns mit Delikatessen für die Rückfahrt einzudecken. An diesem Abend schauten wir wie bereits am Abend zuvor einen Film.
Draußen war es zum ersten Mal klar und der Vollmond zog eine Schneise über das Meer – ein würdiger, fast poetischer Abschluss für diese Klassenfahrt!
Alles in allem hatten wir Glück mit dem Wetter. Die Enge des Schiffs war auch deshalb von Vorteil, weil die durch E-und G-Kurse häufig getrennte Klasse endlich mal wieder auf engstem Raum fast konfliktfrei beisammen war.
Eine tolle Abschlussfahrt für eine tolle Klasse! Am besten haben mir persönlich die Schönheit des offenen Meeres, die Gesellschaftsspiele mit den Klassenkameraden und „Siva“, der Bordhund gefallen. Nicht gut gefallen hat mir das „Stimmungsbarometer“, an welchem wir abends unsere aktuelle Stimmung preisgeben sollten. Aber rechnet man alles auf, so gibt es, wie in unserer mittlerweile fünf Jahre alten Gemeinschaft als Klasse deutlich, mehr Pros als Contras!
Noah Nünning, 10e