Rede des Oberstufenleiters Lothar Andereya Abiturfeier 2013 in der Aula der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule Bonn

2013 ist Wahljahr.
Und ich gehe davon aus, dass ihr mindestens an den nächsten 20 Bundestagswahlen teilnehmen werdet. Und das solltet ihr auch tun!

Und wenn ihr demnächst an den bunten Ständen der politischen Parteien vorbeigeht und einen Luftballon für eure kleine Schwester mitnehmt, fragt doch einfach mal, wie sie es mit der „Bildung“ halten. Ihr werdet überrascht sein, hier sind sich alle einig: Bildung ist ihnen allen ganz wichtig!
„Gute Bildung ist das Fundament unserer Gesellschaft.“
„Investitionen in die Bildung sind lohnenswerte Investitionen in unsere Zukunft und in die Zukunft unserer Kinder!“
Alle wollen ganz viel und mehr als bisher für die Bildung tun!
„Jedes Kind wird zukünftig mehr noch als bisher individuell gefördert werden!“

Bitte geht dann nicht eures Weges, sondern fragt weiter.

Fragt, warum im Moment tausende gut ausgebildeter Referendarinnen und Referendare nicht eingestellt werden und auf der Straße stehen, obwohl über 5% der Unterrichtsstunden ausfallen müssen.
Fragt, warum länger erkrankte Lehrer und Lehrerinnen im Mutterschutz nicht mehr ersetzt werden.
Fragt, warum 1986 selbst beamtete Lehrerinnen und Lehrer gestreikt haben für die Forderung, die Klassenstärke von damals 24 auf 20 zu senken. (mein Diszi liegt noch zu Hause in der Schublade). Heute müssen es 30 sein!
Fragt, warum intelligente Schüler und Schülerinnen aus armen Verhältnissen Ende der 70er Jahre 250 DM monatlich bekamen, damit sie das Abitur machen konnten und nicht von den Eltern in eine Lehre geschickt wurden.
Auch in diesem Jahr ist der Anteil der Abiturienten und Abiturientinnen, die nicht aus den bildungsnahen Schichten kommen, noch einmal gesunken!
Damit verschleudert unsere Gesellschaft unglaubliche Ressourcen. Gott sei Dank stehen die Gesamtschulen diesbezüglich viel besser da, allerdings auch noch mit Luft nach oben.

Dies geschieht unter dem Argwohn einer kleinen Partei, die offenbar nicht möchte, dass die weniger Verdienenden die gleichen Bildungschancen haben. Diese Partei spricht von uns immer gern als die „Gleichmacherschule“ – obwohl jeder weiß, dass in keiner Schulform mehr differenziert wird, als bei uns.
Und um diese Partei zu ärgern, bitte ich nun auf die Bühne:

Jamina,
Phillip,
Sebastian G.,
Suad,
Nina F.,
Mimosé,
Maha.

[später:]
Sebastian G.,
Alexander,
Ingo.

© Lothar Andereya, Bonn 2013