In der Welt zu Hause. Oder: Business@School – Globalisierung an der Elisabeth-Selbert Gesamtschule

(10.2.2012) Globalisierung ist in aller Munde. Bevor der Begriff der Globalisierung jedoch so richtig in Mode geriet, war er in den Alltag vieler Schülerinnen und Schüler bereits fest integriert: Surfen im Internet, die Verwendung der Suchmaschine Google und tägliche Aufenthalte in sozialen Netzwerke wie Facebook (!!!), das Recherchieren für Klassenarbeiten auf Wikipedia, aber auch die Praxis interaktiver Computerspiele in weltweiten „Gaming-Communities“ gehört seit etlichen Jahren bereits zum Alltagsrepertoire vieler Jugendlicher. Mit anderen Worten: die Globalisierung hat die Lebenswelt der Jugendlichen mal mehr, mal weniger fest im Griff. Anders sieht das Bild allerdings aus, wenn man sich fragt, welche Einblicke die Kinder und Jugendlichen denn in die fundamental gewandelten Arbeitswelten haben. Und zwar insbesondere in die Arbeitswelten jener Unternehmen, die als die treibenden Kräfte der Globalisierung gelten.

 

Ein Workshop, der an der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule Mitte Januar 2012 in Kooperation mit der Deutschen Telekom AG veranstaltet wurde, gab Schülerinnen und Schülern der Leistungskurse Englisch und Erdkunde (Jg. 12) Gelegenheit, sich dem Thema Globalisierung ganz praxisnah zu stellen. Möglich gemacht hatte es die Initiative eines leitenden Angestellten der Deutschen Telekom, Marcus Flory, der sich als internationaler Repräsentant und „Schulbotschafter“ des Unternehmens der Schule empfahl. Angesichts eines zu erwartenden akuten und dramatischen Mangels an Fachkräften, dies gestand Flory freimütig ein, suchten die Unternehmen von sich aus den Kontakt zu den Schulen, ja sie befinden sich geradezu im Wettbewerb um die begehrten jungen Fachkräfte.

Mit Global Playern auf Tuchfühlung

Ziel des Workshops war es, die Schülerinnen und Schüler im Rahmen des „Global Enterprise Project“ auf die Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb vorzubereiten. Dieser führt die Jugendlichen über München (der bundesweiten Endausscheidung) bis nach Paris (dem internationalen Finale). Hinter der Initiative, an der europaweit rund 40.000 Schülerinnen und Schüler von 15 bis 18 Jahren teilnehmen, stehen übrigens verschiedene nationale und europäische Institutionen, wie das „European schoolnet“ und das Institut der deutschen Wirtschaft. Die Initiative wird von Global Playern wie Deutsche Telekom AG, Siemens, Vodafone oder Philips gesponsert. Im Rahmen des Projekts eignen sich die Jugendlichen unternehmerische Kompetenzen an wie Lösungsorientierung, Teamwork, kreatives Denken und kulturelles Verständnis. Ferner bekommen sie unter Anleitung von einschlägigem Fachpersonal über ein „Learning by doing“ Kompetenzen vermittelt, die sie in das konkrete Arbeitsleben multinationaler Unternehmen einführen.
Der von Marcus Flory geleitete und vom Englisch- und Sowilehrer Uwe Spannhake unterstützte Workshop diente dazu, die Schülerinnen und Schüler auf den bundesweiten Wettbewerb in München am 07. Februar 2012 vorzubereiten und mittels einer Einführung in das Thema Globalisierung bis zu fünf geeignete Kandidaten zu herauszufinden, die die Elisabeth-Selbert- Gesamtschule in München vertreten sollen. Ein glücklicher Umstand für die Bonner Schülerinnen und Schüler ist dabei, dass die Bundesstadt eine einmalige Anhäufung interessanter, global agierender Unternehmen als potenzielle Arbeitgeber bietet – logische Konsequenz der früheren Rolle Bonns als Hauptstadt bzw. Regierungssitz der Bundesrepublik. Sie alle engagieren sich zunehmend an den Schulen vor Ort, sehen es jedoch gerne, dass die Jugendlichen auch von sich aus Engagement und Initiative zeigen. Dabei haben die Zwölftklässler den einen oder anderen Stolperstein zu überwinden.

„Was ist Globalisierung für Sie?“

Als Marcus Flory den Workshop nämlich in fließendem Englisch eröffnete, erkannten diese, dass man insbesondere des Angelsächsischen mächtig sein müsse, um in einem multinationalen Unternehmen in Bonn tätig sein können. Unabdingbar ist ferner, dass die Schülerinnen und Schüler sich mit dem Wandel, den die Internationalisierung des Arbeitslebens mit sich bringt, inhaltlich, das heißt nicht zuletzt im Unterricht bzw. im Rahmen von außerunterrichtlichen Angeboten beschäftigen: „Was ist Globalisierung für Sie?“, fragte Flory die dementsprechend die Schülerinnen und Schüler. „Sprachen, Märkte, ökonomische Dominanz, Standardisierung, grenzüberschreitende Kommunikation, Freundschaft“ lauteten einige Antworten. Flory ergänzte: „Vervielfachung der Geschwindigkeit des Internets in den vergangenen 20 Jahren, Freihandel, Verschiebung von Grenzen, Verbindungen schaffen, Anpassung an veränderte Strukturen.“
Zur Veranschaulichung des Wandels: Gegenwärtig hat die Deutsche Telekom weltweit rund 239.000 Mitarbeiter und operiert neben Deutschland in gegenwärtig mehr als 50 weiteren Märkten bzw. Ländern. Das Geschäftsleben eines Konzerns müsse also über die Kontinente und Zeitzonen hinweg aufrechterhalten und koordiniert werden: „Wenn beispielsweise in Deutschland um 18 Uhr Geschäftsschluss ist, fangen die Kollegen unserer US-Tochter in Seattle an der amerikanischen Westküste gerade an zu arbeiten.“ Deswegen müssten die betrieblichen Strukturen über die Zeitzonen hinweg angepasst werden. Doch nicht nur in der Arbeitswelt, auch in den Schulen sei die Globalisierung unwiderruflich eingezogen. Zum Beleg: Allein die beiden 12er Leistungskursen fanden sich Schülerinnen und Schüler, die unter anderem aus Russland, Marokko, Laos und Jamaika abstammten und im Verlauf des Workshops keinerlei Berührungsängste mit der englischen Sprache erkennen ließen.
Nachdem wichtige Globalisierungsthemen behandelt wurden, läutete Flory schließlich die Gruppenarbeit mit einem Quiz zum kulturellen Verstehen ein. Nun hatten die Schülerinnen und Schüler Zeit, zwölf Fragen zu beantworten. „In welchem Land kann man Lachen am häufigsten als Zeichen von Verwirrung, Unsicherheit oder Verlegenheit ansehen – Spanien, Italien, Japan, USA? Oder: „In welchem Land würde man erwarten, dass jemand sich entschuldigt, dem sie auf die Füße treten – Japan, Brasilien, Griechenland, England? Wo kann man sich bis zu 30 Minuten verspäten und immer noch pünktlich sein – Italien, Schweden, Tschechische Republik, Schweiz?“

Interkulturelle Kompetenzen sind Trumpf

Allen Gruppen gelang es, die Fragen in der geforderten Zeit zu beantworten. Ob sie diese aber alle richtig beantworteten, hing nicht zuletzt davon ab, ob in ihrer Gruppe Schülerinnen und Schüler vertreten waren, die bereits über eine gewisse Auslandserfahrung verfügten oder über ihre Eltern mit den Gepflogenheiten interkultureller Kommunikation vertraut waren. Zwei Stunden Crashkurs in Sachen Globalisierung und durchweg in englischer Sprache brachten sicherlich jede Menge Erkenntnisgewinn. Allerdings bedauerten die Schülerinnen und Schüler auch, dass sie relativ wenig Zeit für die Gruppenarbeit besaßen. Da sie zudem im Rahmen des schulischen Curriculums zum globalisierungskritischen Denken erzogen wurden, vermissten sie die Möglichkeit, sich im angesetzten Zeitrahmen kritischer mit Flory bzw. dem Thema Globalisierung auseinanderzusetzen. Allerdings wird sich die Deutsche Telekom AG/Marcus Flory im Rahmen der Schulbotschafterinitiative und nach Absprache mit der Schulleitung auch weiter an der Elisabeth-Selbert Gesamtschule zu diesem und anderen Themen (z.B. Medienkompetenz, Business@School) inhaltlich engagieren.
Unterm Strich bleibt aber festzuhalten, dass die Kooperation mit außerschulischen Partnern frischen Wind in die Schule bringt. Die Schulbesuche der Experten aus verschiedenen Industriesparten verändern die Perspektive der Schülerinnen und Schüler auf die Globalisierung, von der sie alle auf die eine oder andere Weise betroffen sind. Manche entscheiden sich womöglich für eine berufliche Laufbahn bei einem Global Player, gerade weil sie mit multinationalen Teams zusammenarbeiten und beruflich in der Welt zu Hause sind. Man darf auch gespannt sein, wie sich die Schülerinnen und Schüler, die die Gesamtschule in München vertreten werden auf bundesweitem Parkett bewähren. Ohne weiteres kann man sich dem lakonischen Statement von Uwe Spannhake anschließen: „Es schadet nicht!“ (ZF)