Jeder Schüler kennt diese unbefriedigende Situation im Deutschunterricht: Man zerbricht sich buchstäblich den Kopf bei der Analyse der Werke großer deutscher Literaten wie Goethe, Fontane, Schiller & Co., stellt dabei Deutungshypothesen auf und letzten Endes können diese manchmal kaum hundertprozentig belegt oder verworfen werden – der Dialog mit den teils vor Jahrhunderten verstorbenen Autoren ist nicht möglich. Daher bleiben viele unbeantwortete Fragen zurück. Ganz anders gestaltete sich jetzt die Situation an der ESG, denn die Schüler aus der EF erhielten zahlreiche Antworten. Erst hatten sie sich mit Gedichten im Unterricht beschäftigt und dann bekamen sie die exklusive Gelegenheit, zwei Autorinnen zu ihren Werken zu befragen. Zum dritten Mal gastierte nämlich „postpoetry.NRW“ an der ESG. Dabei handelt es sich um eine Lesung mit den Preisträgern des landesweiten Lyrikwettbewerbs. Diesmal besuchten Ingeborg Brenne-Markner und Karoline Marliani unsere Schule, um einige ihrer Werke zu präsentieren und einen Einblick in ihren Schaffensprozess zu geben. Die Schüler zeigten sich höchst interessiert und gingen mit ihren Fragen im wahrsten Sinne ins Detail, beispielsweise, als eine Schülerin wissen wollte, warum an manchen Stellen im Gedicht Satzzeichen fehlen. Staunen war unterdessen angesagt, als Karoline Marliani verriet, wie lange sie für „Kinderreue“ gebraucht hatte. In nur fünf Minuten hatte sie die Verse mit zuvor genanntem Titel zu Papier gebracht, die ihr den Preis bescherten. Es sei zuerst eine grobe Idee, die sie habe, bevor sie dann nahezu alles aus dem Instinkt heraus schreibe, konkretisierte sie die Entstehung ihrer Werke.
Den Titel „himbeersirup“ trägt das Gedicht, mit dem Ingeborg Brenne-Markner erfolgreich am Wettbewerb teilgenommen hatte. Der Ausgangspunkt für ihre Werke sind Emotionen. „Wenn mich etwas bewegt, erregt oder erschüttert, nehme ich es als Anlass“, erläuterte sie den Schaffensprozess. In ihren Gedichten gehe es um Leben und Tod, erklärte sie weiter. Dabei setzt sie sich mit verschiedenen Phasen des Lebens auseinander. Ein autobiographischer Bezug sei kaum vorhanden, erklärte sie weiter. Sie nimmt Situationen ihres Lebens als Anlass, doch die Ausgestaltung derer in ihrer Lyrik ist reine Fiktion. Die Bonnerin stellt sich hingegen vor, wie etwas gewesen sein könne. Sie hat den Preis übrigens schon zum zweiten Mal gewonnen. Die Sieger sind stets als Tandem unterwegs: Ein erfahrener Lyriker und ein Nachwuchslyriker touren durch NRW. ESG-Lehrerin Barbara Heidling hatte die Veranstaltung in Kooperation mit dem Literaturhaus Bonn erneut organisiert, wofür ihr ein herzlicher Dank gilt. Im Frühling geht es bereits weiter. Am 26. März wird eine Lesung mit Autorin Olivia Wenzel stattfinden, die Oberstufenschüler mitgestalten werden. Die jüngste Veranstaltung verließen die Schüler indes sehr zufrieden – mit vielen Antworten im Gepäck und zugleich mit weitaus weniger Fragezeichen in den Augen als nach mancher Deutschstunde, in der sie sich mit Goethe & Co. beschäftigt haben. HI
Auch die Schüler der EF sind aktiv geworden und haben sich in die Rolle der Rezensenten begeben. Im Folgenden schildern sie, wie sie die Veranstaltung erlebt haben:
,,Ich war von den Intentionen der lyrischen Werke überrascht”
Vor kurzem fand eine Lyrik-Lesung in unserer Schule statt. Die zwei Autorinnen – Karoline Marliani und Ingeborg Brenne-Markner – waren zu Gast und gaben uns Schülerinnen und Schülern ihre Lyrik im Rahmen von Postpoetry Preis. Es standen zwei preisgekrönte Gedichte im Mittelpunkt, doch die Autorinnen präsentierten uns noch weitere Werke, die alle unterschiedliche Themen aufwiesen. Die Vorlesung war gut strukturiert und es war möglich, spezielle Fragen zu stellen. Ich war von den Hintergründen und den Intentionen der lyrischen Werke ziemlich überrascht. Einige der Gedichte besaßen eine bewusste Nachricht an den Leser und manch andere ließen selbst Raum zur Interpretation, da sogar die Autorinnen diese mit reiner Willkürlichkeit verfassten. Die verschiedenen Arten und Möglichkeiten ein Gedicht zu gestalten waren beeindruckend und unerwartet, da beide Autorinnen verschiedenen Schreibgewohnheiten oder Verhaltensweisen darlegten. Ingeborg Brenne-Markner schreibt nachts, weil ihr in dem übermüdeten Zustand leichter Themen einfallen und Karoline Marliani bevorzugt es eher, jedes Gedicht an abwechslungsreichen Orten zu schreiben, um die einzigartigen Merkmale der Plätze zu erfassen und auf’s Papier zu bringen. Zudem hatte Ingeborg Brenne-Markner sich viele Gedanken über ihr Gedicht in großmutters sommergemacht und auch den ständig klein geschriebenen Wörtern Charakter verliehen, während Karoline Marliani ihr Gedicht Kinderreuein fünf Minuten verfasst hatte und ihren Gedanken freien Lauf ließ. Durch die Art und Weise, wie vorgelesen wurde und Pausen gesetzt wurden, vermittelten sie Emotionen und Eindrücke. Mir war es möglich zwischen den Zeilen zu lesen und den Inhalt zu erfassen. Ich habe den Autorinnen bei der Vorlesung an manchen Stellen mehr Aufmerksamkeit geschenkt und ab und zu weniger, da Lyrik meiner Meinung nach eine Geschmackssache ist und man automatisch die Themen mit seinen eigenen Interessen vergleicht. Im Großen und Ganzen war die Lyrik-Lesung für Schülerinnen und Schüler, die selbst Texte verfassen, und andere Interessierte sehr hilfreich und ermöglichte einen direkten Einblick in die facettenreiche Welt der Lyrik. Nadine Pietsch
,,Es war interessant, die verschiedenen Gedichte und unterschiedlichen Schreibweisen kennenzulernen”
Jüngst fand eine Lyriklesung im Selbstlernzentrum (SLZ) unserer Schule statt. Die zwei Autorinnen Karoline Marliani und Ingeborg Brenne-Markner sind die Preisträgerinnen des Postpoetry NRW 2019. Zuerst las Karoline Marliani ihre Gedichte sowie den Anfang ihres Buches vor. Was sehr interessant war, ist, dass sie für das preisgekrönte Gedicht Kinderreuenur fünf Minuten brauchte. Sie selber kommt aus einer musikalischen Familie, weshalb ihre Gedichte auch viel Rhythmus haben. Mir persönlich gefielen die Gedichte von Ingeborg Brenne-Markneretwas besser, da sie aus meiner Sicht tiefgründiger und mit mehr Hintergrund verfasst wurden. Das Gedicht in großmutters sommer hat mir besonders gut gefallen. Dies liegt vor allem daran, dass der Inhalt mit den Jahreszeiten Sommer und Winter einhergeht. Die letzten Verse beschreiben, dass die positiven Erinnerungen an die Oma – hier das Himbeersirup – die Dunkelheit übertreffen. Insgesamt war es sehr interessant, die verschiedenen Gedichte und unterschiedlichen Schreibweisen der Autorinnen kennenzulernen. Selin Mantouri